Auftragsmord

Er betrog sie. MIT IHRER BESTEN FREUNDIN. Und er wünschte seine Lebenspartnerin ins Jenseits.

Manchmal träumte er von ihrer Abdankungsfeier: grosse Oper in der Kathedrale. Ave Maria mit der Bartoli. Und Apéro im feudalen «Crevetten auf Löffel»-Stil.

Hans rümpfte angeekelt die Nase, wenn er an Lucie dachte. Sie hatte sich in den letzten zehn Jahren ihrer Beziehung gehenlassen: Haare fettig. Den wurstigen Fingern fehlte die Maniküre. Und dick war sie geworden. Richtig dick. Sie trug nur noch Hängerchen.

Vera, ihre Freundin, war ganz anders. Sie trieb Sport. Leistete sich zweimal den Friseur in der Woche. Sie zeigte ihre Vorzüge stolz in engen Jeans. Und taillierten Blusen, aus denen das Glück herauskugelte.

Vera verdiente ihr Geld als Telefonistin. Sie war nicht der Spartyp. Nein. Vera liess den Rubel rollen. UND DAS WAR ES AUCH, WAS SIE FÜR HANS SO SEXY MACHTE.

Lucie war das Gegenteil. Sparsam. Fast geizig.

Sie hielt ihren Freund knapp. Denn Hans war Künstler. So jedenfalls sah er sich selber. Er ­schüttete Farbe auf eine Leinwand. Und nannte es «Gefühlschaos».

Lucie nannte es «Shit». Aber sie sagte nichts. Hans war immer noch besser als ein Hund: Er bellte nie. Und hinterliess keine Haare auf der Couch. Deshalb behielt sie Hans.

Lucie sass also am längeren Hebel. Und der Hebel war das Bankkonto. Immer wieder hatte Hans sie angebettelt: «Gib mir die Unterschrift, Lucie. Vertraue mir. Vertrauen ist ein Liebes­beweis …»

Na gut – Lucie war dick. Aber dumm war sie nicht. «Du erbst nach meinem Tod eh alles, Hans!» Das konnte dauern.

Als Lucie hinter die Affaire Hans-mit-Vera kam, hatte sie die Nase voll. Sie googelte sich durchs dunkle Internet. Und fand einen Killer.

«Mein Freund wird mit seiner Schlampe übers Wochenende verreisen. Manipulieren Sie die Bremsen von Veras Wagen! Sie übernachten in Interlaken.» «DAS IST EINE KOSTENFRAGE!» «Zehntausend – mehr nicht!», gab Lucie den Tarif durch.

Als Hans dann in Veras Auto stieg, winkte Lucie scheinheilig: «Gute Reise, ihr zwei …»

Zehn Minuten später jagte sie in ihrem kleinen Zweiplätzer über Land. Ihre Gedanken waren beim Atelier von Hans. Sie würde es vermieten können und …

Sie sah gerade noch den riesigen Lastwagen, der ihr entgegenkam. Ging auf die Bremse. Aber die funktionierten nicht.

MAN DARF NIE AM FALSCHEN ORT SPAREN!

In Interlaken klingelte das Handy von Hans: «Alles klar. Der Leichenwagen ist eben vorgefahren…»

«Gute Arbeit», flüsterte Hans. «Ich überweise in den nächsten Tagen die restlichen 50 000…»

Leider hatte Lucie das ganze Geld einer Stiftung «für einsame Frauen» hinterlassen.

Hans ging leer aus. Somit konnten die restlichen 50 000 nicht gebuttert werden.

Aber Killer sind auch nur Menschen. Und können sehr wütend sein.

Jedenfalls wurde jetzt doch noch an den Bremsen von Veras Auto herumgeschraubt.

Deshalb endet diese Geschichte mit einem zweiten Unfall.

Und insgesamt drei Leichen.

ABER HALLO – WENN DAS KEIN FRÖH­LICHER START IN DIE WOCHE IST!

Montag, 15. Mai 2017