Büchsenkost

Walter rückte den Krawattenknopf zurecht.

«Waaaalti!» – er hörte wie sich Hilde Sprühlack um die Birne zischte.

«Waalti – öffne noch die Tomaten-Dose und entsorge sie. Bruna muss ja nicht mitbekommen, dass wir mit Büchsen kochen!»

WIR?

Es war Hildegard, die am Herd mit Dosen jonglierte. Und diese milchig bleichen Hühnerleichen vom Center heimschleppte. Schenkel für Schenkel luftdicht verschweisst.

Nichts war heute mehr frisch. Nur noch verpackt. Verbüchst. Begast. Und bakteriell keimfrei zugeklebt.

DA LOBTE SICH WALTER BRUNA. D A S war noch eine Köchin.

Die konnte sogar ihren Fisch eigenhändig ausnehmen.

WAS FÜR EIN KLASSEWEIB!

Hier nun: eine «Pelati»-Büchse mit geschälten Tomaten drin. Und einer Lasche drauf.

Die blecherne Lasche klebte am Büchsenoberteil. Walter versuchte sie mit dem Fingernagel anzuheben.

Fingernagel weg!

Lasche unverändert!

«VERDELLI!»

«Was ist Waaalter?»

«Ich bekomme dieses verdammte Ding nicht hoch, Hildegard...»

Vom Schlafzimmer gackert ein höhnisches Lachen: «Ach ja? – Das ist aber auch nicht neu , Walter!».

Dann: «Nimm den Dosenöffner...»

Walter stöberte sämtliche Küchenschubladen durch. Und fand den Öffner bei den Eierhütchen.

Genervt setzte er den Zahnteil an den Büchsenrand. Zackte ein. Begann zu drehen – aber nichts ging mehr.

Er kam genau bis zur Hälfte. Dann bockten Büchsenöffner wie Dose.

Walter schüttelte den Öffner weg. Und versuchte, mit dem Zeigefinger die matschigen Tomaten rauszuknübeln.

«AUUUU!»

«Was ist Walter?»

«Ich blute wie ein Schwein. Diese verdammten Zacken haben mich geschnitten...»

«Ich komme!»

Hildegard schüttelte unwillig den Kopf: «Du bist aber auch wirklich eine Pfeife, Walter. Da lobe ich mir Hugo. Der kann so etwas aus dem EffEff und...»

«HUGO BRAUCHT KEINE BÜCHSEN ZU ÖFFNEN. BRUNA IST EINE SUPER KÖCHIN UND...»

Hildegard sah rot – nicht nur am blutenden Finger ihres Gatten.

«WAS WILLST DU DAMIT SAGEN, WALTER!?»

Sie knallte die Tomatendose temperamentvoll auf den Küchentisch.

Leider war sie offen – wenn auch nur zur Hälfte.

«DU DUMME SAU!»

«DU PENNER – NICHTS KRIEGST DU AUF DIE REIHE!»

Walti schaute an die Küchendecke hoch: ROT.

Dann an seiner Krawatte herunter: AUCH ROT.

In Hildegards lackstabilisiertem Haar steckte eine geschälte Tomate.

Es gab dann Melonen mit Parmaschinken. Letzterer vorgeschnitten. Und luftdicht verschweisst.

BIS WALTI DIESE ZUSAMMENGEPAPPTEN SCHEIBCHEN AUSEINANDER- GEBEINELT HATTE, WARENS NUR NOCH FETZEN.

Diese Pfeife!

Montag, 10. Juli 2017