Frauenpower

ER war so ein Arschloch!

Entschuldigt das harte Wort im neuen Jahr.

Aber man kann die dreckigen Umstände nicht weichwaschen.

UND DIE UMSTÄNDE MIT MAX WAREN SO HAARSTRÄUBEND WIE DIE FRIESE DES PRÄSIDENTEN...IHR WISST SCHON.

Flora hatte Max geheiratet. Übereilt. Dabei wäre kein Grund dazu gewesen – nichts unterwegs. Und Flora war auch nicht darauf erpicht, als Frau Doktor angesprochen zu werden.

DENN MAX WAR NICHT NUR EIN AR...MLEUCHTER. ER WAR AUCH DOKTOR DER JURISPRUDENZ.

Der Grund des hastigen «ja, ich will» war klar: FLORA WOLLTE VON ZU HAUSE WEG! Ihr Vater, ein Schullehrer für Latein, war der typische Patriarch. Er schwang das Röhrchen eben auch daheim.

SO HIELT ER MIT DER RUTE UND DEM ROHR «MEINE BEIDEN FRAUEN» IM GRIFF.

Zwar hat er Rute wie Rohr nie aktiv eingesetzt (ausser damals, als er nach zwei Flaschen Blauburgunder Flora zeugte) – aber er hielt Ruth und Flora in Schach.

Beispiel: Mit seinen dünnen Spinnenfingern strich er über den Bilderrahmen. Und stauchte Ruth zusammen: «Wann wird hier eigentlich mal abgestaubt – nicht einmal dazu seid ihr Frauen fähig...»

MAN KANN NUN VERSTEHEN, WESHALB FLORA VOM ELTERNHAUS FLÜCHTETE.

Max kehrte sofort das Alpha-Tier heraus.

Am Tisch bediente er sich zuerst («wir wissen ja, wer das alles bezahlt – nicht wahr, Flora!?»)

Er kaufte sich handgenähte Gürtel von Gucci – sie hatte ein Haushalts-Budget, das auch bei einer Bluse von H&M den Rahmen sprengte. ENTSPRECHEND WISPERTEN DIE WEIBER IM QUARTIER: «EIN LUMP DAHEIM. UND LUMPEN AM RANZEN!»

Keine Frauensolidarität weit und breit!

Das einzige weibliche Wesen, das Mitgefühl zeigte, war Tante Claire.

Immer zum Dreikönigstag schickte sie ihrer Patentochter eine Packung Pralinen aus Genf.

Am Telefon bedankte sich Flora artig: «Es ist so lieb von Dir, Tante Claire...ich habe niemanden ausser dir, der so gut zu mir ist...»

TANTE CLAIRE HÖRTE DA EINEN UNGLÜCKLICHEN UNTERTON: «WAS IST LOS...?»

Da brach der Damm. Flora heulte in den Hörer: «...Er pickt sich einfach die Rosinen aus dem Leben heraus. Er hat eine teure Mätresse. Will ein Filet zum Nachtessen. Und ich bekomme zwei Aktions-Käsescheibletten...»

Wieder Schluchzen: «...Ich habe nie etwas gesagt; aber wenn Deine Pralinen ankommen, öffnet er die Schachtel. Und räumt als Erstes die Rahmtrüffel weg. Dabei mag ich die am liebsten. Aber kein einziges Mal hätte er eine für mich übrig gelassen...»

SchluchzSCHLUCHZschluchz.

«DAS GEHT SO NICHT!», bellte Tante Claire in den Hörer.

Sie war Apothekerin. Stand ein für das Recht der Frau. Und hielt sich eine Dobermännin.

Als das Pralinen-Paket ankam, wollte es der glückliche Zufall, dass Max nicht daheim war: Essen mit Klienten.

FLORA ALSO RAN AN DIE PRALINEN!

Max fand dann seine Frau tot vor der Schachtel.

«HAT SICH ÜBERESSEN... UND DANN NOCH MIT MEINEN RAHMTRÜFFELN», knurrte er. Und schob sich die übriggebliebenen drei Wonnekugeln rein.

ES WURDE EINE DOPPELBEERDIGUNG.

Floras Mutter weinte am Grab den Busen ihrer Schwägerin feucht : «Ach Claire...MEINE TOCHTER TOT...mein Schwiegersohn auch...NUR MEIN ALTER TOBT NOCH HERUM: dein Bruder ist furchtbar... mit 83 wedelt er noch immer mit der Rute...»

«Morgen schicke ich ihm Pralinen...», versprach Claire.

SIE IST OFT TOTGESAGT – ABER ES GIBT SIE NOCH, DIESE SOLIDARITÄT UNTER FRAUEN!

Jedenfalls hat einer daraufhin die Rute für alle Zeiten abgelegt.

Gottlob mochte er Pralinen.

Ruth aber legte sich eine Dackeldame zu.

Keine Dobermännin.

DOCH IMMERHIN!

Freitag, 5. Januar 2018