Das Rührstück der Nation

Vor 50 Jahren kam das erste Fertigfondue in die Verkaufsregale

Rezept: Saloufer Kääswaije

Ein Fondue ist hierzulande für viele der Inbegriff der Gemütlichkeit. Erfunden hat das «Menü National» kein Schweizer, sondern ein französischer Spitzenkoch. Und: Im Trend liegen Fertigfondues.

Zweifellos das rührendste Stück Schweizer Gastro-Geschichte. Und auch das stinkigste. Denn nichts stinkt schrecklicher (so die Käsehasser) und nichts schmeckt köstlicher (so die Liebhaber des Gerichts) als Schweizer Käsefondue.

Natürlich denken die stolzen Eidgenossen, sie hätten das Fondue erfunden. Ja Pimpeldreck! Wir haben wohl damals die Kappeler Milchsuppe eingebrockt. Und sind dort erstmals gemeinsam am Topf gesessen. Aber Fondue? Sorry.

Das erste geschichtlich überlieferte Rezept stammt von niemand Geringerem als dem französischen Meister der Gastronomie (nach dem später wohl ein Käse, aber nicht die Fondue benannt wurde): Brillat-Savarin. 1794 hat er das erste Fondue rezeptiert. Die Zutaten lassen uns würgen: Gruyère, Eier und Butter. Wein kommt erstmals 1911 ins Rezept. Und der Kirsch 1923.

Das Allerschönste aber: Schon die alten Griechen haben so etwas wie ein Fondue gemümmelt, ohne dabei schweizerisch korrekt «figugegl» gejodelt zu haben. So beschreibt Homer in seiner Ilias ein köstliches Gericht, bei dem auf einer Bronzeraffel Schafskäse gerieben und auf offenem Feuer geschmolzen wird. Dem Käse füge man Wein und Weissmehl bei. Na ja - so betrachtet ist jeder alternative Hirtensalat mit Feta ein Hochgenuss.

Schmelztiegel. Klar ist, dass das Fondue ein Sennengericht ist und somit den Alpenländern zugeschrieben wird. Sowohl die Schweizer Sennen wie auch die Älpler aus Savoyen (Fondue Savoyarde ist eine regionale Spezialität) wollen den Käse als Erste zum Topf gerollt haben. «Quatsch!», schreien die Piemonteser. Sie haben schon für König Emanuele pfundweise Käse mit weissen Trüffeln als Suppe gekocht.

Obwohl die Romands das Käsefondue schon seit Jahrhunderten kennen, ist es erst Anfang der 50er Jahre zum schweizerischen Nationalgericht geworden. Schuld daran sind das Militär und dessen Küchenchefs. Für einmal haben uns die Militärköpfe hier einen ganz speziellen Käse eingebrockt. Zwar liegt er oft betonhart im Magen. Aber es ist nicht abzustreiten, dass das Fondue seinen Siegeszug von der Feldküche aus auf den Schweizer Tisch angetreten hat.

Rollen wir den Käse rückwärts. Da waren die 30er Jahre. Weltkrise. Europa im Aufruhr. Und die Stimmung auch in der Schweiz zappenduster.
Nun kam die Käseunion ausgerechnet in diesen Jahren auf die Idee, diese Stimmung mit geschmolzenem Käse aufzubrezeln. Erstmals wurde Fondue mit guter Laune zusammengemixt - der Slogan «Fondue isch guet und git e gueti Luune» dampfte aus dem Caquelon. Und machte die tristen Abende plötzlich gemütlich.

Männersache. 1940 brachte man das Fondue-Caquelon als Show-Piece an die Weltausstellung von New York. Das war der Startschuss. Als dann das Rechaud-Feuer auf die Armee überging und die Militärküchenchefs die miese Schützengraben-Stimmung mit einem Fondue aufmotzten, war allen wehrhaften Schweizer Männern klar: Fondue bringts. Sie waren überzeugt, dass dieses gemütliche Zusammenhöckeln rund um die blubbernde Käsesuppe auch bei Frau und Kind ein Volltreffer sein würde. Also verlangten sie von den Militärküchenchefs das Rezept. Kauften Caquelons aus dem Welschland. Und brockten der Familie gute Laune ein. So kams auch, dass die Zubereitung des Fondue Mitte des letzten Jahrhunderts vorwiegend «Männersache» war.

Nun sind Fondue-Rezepte so mannigfaltig wie Köche. Verbreitet ist die welsche «Moitié-Moitié»-Mischung: halb Vacherin, halb Gruyère (das bringt dann eine sehr helle Farbe). Die Fans des kräftigeren Geschmacks mischen mit Appenzeller, manchmal gar mit Ziger. Gewürzt wird lediglich mit Knoblauch (indem man das Caquelon damit ausreibt) und Pfeffer sowie etwas Kirsch. Wichtig ist der trockene Weisswein: 3,5 Deziliter auf 800 Gramm Käse. Und natürlich Maizena um das Fondue zu binden.

Fixundfertig. Allerdings - nicht immer gelingt ein Fondue. Manchmal «fällts durch». Oder es wird zu pampig. Und justement das ist auch der Grund, weshalb Fertigfondues sich immer besser verkaufen. Sie sind megasicher. Und ideal als helvetische Mitbringsel ins Ausland. Überdies sind sie unentbehrlich für alle Camper, die in Palma die andern Touristen am 1. August mit einer Schweizer Köstlichkeit überraschen wollen. Wenn man Wetterglück hat, kocht das Fertig-Fondue dann auch ohne Caquelon schon ganz von alleine ...

Bereits 1955 hat Zingg das erste schweizerische Fertig-Fondue auf den Ladentisch gebracht. Fünf Jahre später hat Gerber nachgezogen - und ist seither helvetischer Marktleader. Fondue gibts da bereits im Mikrowellenbecher. 1960 sind in der Armee 100'000 Fondueportionen vertilgt worden. Heute brocken sich die Schweizer über 25 Millionen Fondueportionen jährlich ein. Jeder hat seine Spezialität - und wers mit Käse nicht mag, kann auf Schokolade ausweichen. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte!

Der Basler Käser mit den köstlichsten Fonduemischungen heisst Alex Wirth. Er kann verstehen, dass einer schon mal eine Fertigmischung auf eine Reise mitnimmt - aber ansonsten schwört er auf seine eigene Hausmixtur. Und auch auf Experimente: «Es gibt so viele Möglichkeiten. Käse ist wie Farbe - jeder hat einen andern Ton. Richtig zusammengemixt ergibt es ein Kunstwerk.»

Saloufer Kääswaije

Schnell. Für baz-Leserinnen und -Leser hat Alex Wirth mit der Fertig-Fonduemischung von Gerber einen «Armeleute-Kuchen» aus seiner zweiten Heimat (Oberhalbstein) kreiert. Er überzeugt auch die hartnäckigsten Käsemuffel:

Zutaten: 1 Fertig-Kuchenteig (26 cm Durchmesser), 3 gekochte Kartoffeln, 2 kleine Zwiebeln, 1 Bündner Salsiz (oder 2 Landjäger), 200 g Gerber-Fondue-Käsemischung (nur geraffelter Käse), 100 g Bündner Bergkäse (gerieben) 1,5 dl Wein, Pfeffer.

Zubereitung: Teig mit Backtrennfolie auf ein rundes Blech geben.
Mit den geschälten und geraffelten Kartoffeln sowie Zwiebelringen und Salsizstreifen belegen.
Gerber-Käsemischung mit dem Bergkäse gemischt über das Ganze streuen. Mit Weisswein netzen und mit Pfeffer würzen.
Im vorgeheizten Ofen bei 220 Grad etwa 35 Minuten ausbacken.

E Guete!

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Freitag, 3. Februar 2006