Ungleiches Paar

Die Leute tuschelten.

Das Paar zog alle Aufmerksamkeit auf sich.

Verliebt nahm er ihre Finger. Und streichelte diese.

Ihre Lippen zitterten leicht.

Nicht vor Erregung. Sondern weil sie jetzt 83 Jahre alt war.

Und da zittert das meiste.

Horst war knapp 30. Und natürlich war es der Altersunterschied, der die Menschen zum Flüstern brachte:» Sohn? Enkel? Aber doch nicht etwa...»

DOCH! DOCH! GERADE DAS!

Den Leuten klappte der Mund auf wie bei Nussknackern vor dem Zubiss.

Sie schäumten wie stark geschüttelte Sektflaschen. «...WIE KANN DIESE ALTE SCHLAMPE NUR...DAS IST JA PERVERS...DER ARME JUNGE...»

Die andere Meinung: «DIESEN GIGOLO SOLLTE MAN ANZEIGEN... SCHARF AUF IHREN KLOTZ... DIE ARME FRAU!

Es war nichts von alledem.

Herta hatte schon als junges Ding noch jüngere Dinger heisser gefunden. Sie konnte mit all den sabbernden Fettsäcken, die ihrem Arsch hinterher geiferten, nichts abgewinnen.

Bei ihr musste die Liebe knackig sein – wie eine Blutwurst aus dem Sud.

Sie war ein traumschönes Mädchen. Allerdings: mit magern Möglichkeiten. Zumindest finanziell.

Natürlich hätten ihr die stinkreichen Pfeffersäcke noch so gerne den Busen mit Scheinchen wattiert.

DOCH DAS WAR NICHT IHR DING.

Sie suchte sich Liebhaber, die eben erst den Führerschein machen durften.

Ihr Plan, zu Geld zu kommen, war einfach: LEBENSVERSICHERUNG.

Ihr erster Mann – NOCH KEINE 20! – war ein «Secondo» aus Sizilien.

Natürlich tobte die Familie. Man hatte für den Jungen eine Cousine aus Palermo vorgesehen

Die Hochzeitsreise ging auf Mallorca: Last-Minute-Schnäppchen.

Noch vor der Rückreise ertrank der gute Sergio im Meer.

«Er hat sich zum Frühstück zu viele Eier reingehauen!», jammerte Herta beim Polizei-Mann.

«Die hatte er wohl auch nötig...», leckte sich dieser die Lippen.

So wurde Herta erstmals Witwe. Und die Versicherung blechte vier Millionen.

VON NUN AN GINGS BERGAUF. ODER BERGAB:

Denn der zweite Ehemann stürzte beim Aufstieg zum «Mönchsberg» in die Tiefe – der Pfarrer weinte am Grab. Er hatte Hubert auch gekannt: «So jung... so schön... so vielversprechend...»

ER SCHAUTE GEHÄSSIG ZUR WITWE.

«Ein Fehltritt!», jammerte der junge Pfarrer daheim zu seinem Chef im Himmel.

UND WUSSTE NICHT, WIE RECHT ER HATTE.

Herta liess den jungen Hubert nämlich auf dem Felsweg ein Foto knipsen: «Noch ein Schrittlein zurück, Hubsilein...» flötete sie.

DA WAR AUCH SCHON AUSGEHUBST. UND DIE VERSICHERUNGSSUMME DA.

«Herr – wo ist die Gerechtigkeit!», jammerte der Geistliche vor dem Mann am Kreuz.

Edi, der dritte, starb ganz normal an einem Herzschlag. Sie hatte ihm beim Cognac erzählt, was mit den Vorgängern passiert war.

UND JETZT WAR ALSO HORST DRAN!

Die Unfälle waren ihr zum Sport geworden – wie Sudoku. Oder Mental-Joga.

Dieses Mal sollte es ein Pilzgericht werden...ABER: «Horsti» war klüger als die andern.

VOR ALLEM WAR ER KOMMISSAR BEI DER LEBENSVERSICHERUNG.

Als die Polizei vor dem Pilzteller auftauchte, streichelte er noch einmal Hertas gichtige Fingerlein.

Dann schnappten die Handschellen zu.

Die Versicherung hat Horst eine grosszügige Erfolgsprämie ausbezahlt.

ER HEIRATETE ZWEI JAHRE SPÄTER EINEN REFORMIERTEN PFARRER.

Der Geistliche war gut 40 Jahre älter als Horst.

Und so hat ER dann doch noch alles zum Rechten geführt...

Freitag, 5. Oktober 2018