Fasnachts-Integration

Hans liebte Mimosen. Seine Frau hasste sie: «Bleib mir damit vom Gürtel, Hans! Du weisst, dass mir dieser süssliche Duft Kopfschmerzen bereitet... » Hans liebte Fasnacht. Seine Frau hasste sie. Das mit den Mimosen musste dann so kommen.

Herta jammerte zu ihrer Freundin Vera: «AB SEPTEMBER KANNST DU MEINEN ALTEN ABSCHREIBEN. NACH DER SUJET SITZUNG KLEBT IHM NUR NOCH FASNACHT IM HIRN. SELBST AM WEIHNACHTSBAUM BAUMELTEN SECHS TROMMELNDE WAGGIS!»

So kam es, dass Herta sich letztes Jahr für die Fasnachtszeit eine Auszeit in den Bergen gönnte: Skifahren frische Luft Schnee vor allem: «KEINE MIMOSEN!»

Hans reagierte etwas säuerlich.

Sie wohnten ziemlich hinten im Leimental. Und Herta hatte ihren Mann zum Morgestraich immer in die Stadt gefahren. Gegen zehn Uhr morgens karrte sie ihn brav wieder heim.

«Wer bringt mich jetzt ins Stammlokal?», jammerte er. «Nimm ein Taxi» - «Weisst du, was das kostet?!» - «Nicht mein Problem.»

«DU LIEBST MICH NICHT!»

(Wir merken: der typische Dialog von Ehepaaren.) Auch das mit der MEHLSUPPE wurde nichts. Hans stärkte sich jeweils vor dem grossen Cortège-Marsch damit: «Für mich ist Fasnacht ohne Mehlsuppe keine Fasnacht!»

«Aha.» - «Wenn du mich wirklich liebst, kochst du mir eine...»

Die Liebe reichte nur bis zum Quickbeutel: PULVER. WASSER. RÜHREN. FERTIG! Um dem Ganzen doch noch einen Schuss Eigennote zu verleihen, schüttete Erna ein Glas Grünen Veltliner in die Brühe. Die Sache schmeckte wie liegen gelassene Essigsocken...

Hans tränte: «Die Mama hat immer eine wunderbare Suppe gekocht mit selbst geröstetem Mehl...»

«Deine Mama kocht ihr Süppchen jetzt im Höllenloch, Hans!»

«Ich meine ja nur...»

Nach den Neujahrsknallern war mit Hans nicht mehr zu reden. Er zeigte seiner Gattin hundert Handyfotos von all den Larven, die er für die Clique malte (Erna zu Vera: «Und ich warte seit zehn Jahren, dass unsere Küche mal endlich neu gestrichen wird!»).

Er las ihr holprig Gereimtes vor und kriegte sich kaum ein vor Lachen über seine eigenen Pointen...

Erna: «Sorry, Hans - aber ich sehe den Witz nicht...»

Hans (gekränkt): «DIE MAMA HAT ÜBER MEINE POINTEN STETS SO WAS VON GELACHT...»

Erna: «Deine Mutter lachte auch, wenn Onkel Alfred einen Furz abliess...»

Als Erna dann wegfuhr, wollte sie sich doch rechtfertigen: «Ich fühle mich hier so ausgeschlossen - es ist, als hätte man mich auf einen anderen Planeten geschossen. Wer keine Fasnacht macht, gehört nicht dazu. Für alle gibt es Integrationsstunden... ABER KEINE FÜR NICHT-FASNÄCHTLER.»

«Ich verstehe dich nicht, Erna. Du bist doch eine Baslerin!» - «Meine Grossmutter kam aus dem Prättigau - vielleicht deshalb...»

Sie genoss den Schnee. Die saubere Luft. Die Skipiste.

Doch ausgerechnet am Fasnachtsmontag jagte Erna ein Snowboarder zwischen die Beine. Ihr Schenkelhalsknochen war gebrochen. Der Snowboarder zeigte den Stinkefinger. «Hallo Omi - versuchs doch mal am Idiotenhügel!» Dann düste er ab.

Im Spital von Interlaken dämmerte sie, mit Schmerzmitteln vollgepumpt, vor sich hin.

Schliesslich trat der Krankenpfleger zu ihr. Sie roch plötzlich diesen schrecklichen süsslichen Duft.

Der Mann strahlte: «Sie kommen doch aus Basel... da wollten wir Ihnen mit den Mimosen eine besondere Freude machen. Zum Mittagessen gibt es Mehlsuppe...»

NATÜRLICH WAR ALLES AUS DEM BEUTEL AUFGERÜHRT. ALLERDINGS OHNE GRÜNEN VELTLINER.

PS: Diese Fasnacht fährt Erna ihren Hans wieder zum Morgestraich... die Integration fährt manchmal Umwege.

Freitag, 31. Januar 2020