Das Kostüm

«Huuugi - welches Kostüm nimmst du für dein Zyschtigs-Ziigli?»

Luggi stand stirnrunzelnd im Bügelzimmer - den Fasnachtskasten weit offen. Sie war sauer. Der Kasten überquoll an bunten Kostümen.

Gestern noch hatte sie zu ihrer Freundin Irma am Telefon gestänkert. «Bei mir dreht er jeden Rappen um. Aber für die Fasnacht werden die Räppli mit beiden Händen rausgeworfen. Jedes Jahr ein neues Kostüm. Dann noch eines für den Zyschtig - und mir vergällt er ein neues Gucci-Deuxpièces...»

Irma: «Ach? - Ich habe gedacht, du hättest es trotzdem gekauft...»

«Habe ich auch. Erdbeerrot. Mit goldenen Gucci-Knöpfen. La Fiamma heisst das Modell und...»

«WIE HAST DU ES BEZAHLT?»

Luggi schwieg peinlich berührt. «Ich habe heimlich seine Kreditkarte leer gefegt...»

«DU HAST DOCH NICHT ETWA ?»

«Doch. Aber bis ers merkt, sind wir schon längst über alle Berge in Gstaad...» Während Luggi nämlich den Rummel an der Après-Ski-Bar geniessen wollte, sollte Hugo am Rhein auf der anderen Piste schweben. JEDEM DAS SEINE!

«Schatzi», Hugo stand im Bügelzimmer, «wir wissen noch nicht genau, was wir am Dienstag machen...»

«Dann wird dir eben Lucia das Kostüm aufbügeln müssen!», meinte die Gattin gereizt. Hugo nahm sie in die Arme: «Du willst mich wirklich verlassen, Mausibein?»

«JA» - sagte sie eisig. «...und ich bin die einzige meiner Freundinnen, die ohne Vuitton-Gepäck reist!» Die Säuli-Pfeifer, wie sich Hugos Zyschtigs-Ziigli nannte, entschied, als «rote Frauenquote» die Umgebung unsicher zu machen.

Hampe gab die Direktive durch: «...ihr braucht nur Perücken, gut gestopfte Büstenhalter. Und irgendeinen feurigen Fummel. Natürlich viel Schminkzeug. SO MISCHEN WIR ALLES AUF...»

Hugo protestierte: «Ich gehe nicht im Rock!»

Hampe seufzte. Er war Kummer mit Hetis gewohnt. Hier gab er die fröhliche Schwuchtel (OBWOHL MAN DAS NICHT MEHR SO DIREKT SAGEN SOLLTE). Die Säuli-Pfeifer liebten ihn - wegen seines frohen Tuntentantentuns.

Und auch wegen des guten Ansatzes.

NUN ERKLÄRTE HAMPE SEINEN MÄNNERN DIE SACHLAGE, WIE KITA-TANTEN DEN KLEINEN DAS SCHUHBINDEN BEIBRINGEN: «Wir sind rote Weiber. Politisch durchgefärbt. Kapiert? Und beim Bier will ich Lippenstift am Glas sehen - ROTEN!»

Hugo bebte. Hampe fuhr ihn an: Was ist nur los mit dir? - Du färbst dein Haar. Du hast das Fett am Kinn absaugen lassen... wo ist dein Problem?»

Ein Tag später druckste Hugo bei Lucia, der sizilianischen Hausperle, herum: «Könnten Sie mir vielleicht den Büha meiner Gattin ausstopfen, Lucia?»

Sie schaute ihn entsetzt an: «SIGNORE ABÄGGERLI!» Dann stopfte sie mit Kreuzstich.

Schliesslich stand er vor dem Schlafzimmerspiegel. Und mühte sich stöhnend damit ab, den üppig gefüllten BH über sein T-Shirt zu streifen.

Er öffnete Luggis Kasten. Gottlob gabs genügend Auswahl. Das rote Kostüm passte allerdings hinten und vorne nicht - viel zu eng. Also schnitt er alles auf der Seite auf. Und setzte Klebebänder sowie Sicherheitsnadeln ein.

In der Beiz schüttelte Hampe den Kopf: «Dein Lippenstift passt nicht zum Deuxpièces, Hugo!»

Nach der vierten Flasche Prosecco wurde es lustig. Hampe schneite Hugo Glimmer auf die Augenlider. Dann machten sie ein Selfie.

PS. Überraschung in Gstaad: Als Luggi an der Bar das WhatsApp-Foto sah, schrie sie auf. «MEIN GUCCI-KLEID!» Dann fiel sie vom Hocker.

Zweite Überraschung: Als Hugo die vier «Glöpfmoscht»-Runden mit der Kreditkarte bezahlen wollte, kam die Meldung: «ÜBERZOGEN!»

Es brauchte zwei Döschen Chanel-Rouge, bis er wieder Farbe bekam...

Freitag, 28. Februar 2020