Von bitterer Schokolade und Elefantenträumen

Illustration: Rebekka Heeb

Also Geburtstage sind ja immer etwas ganz Individuelles. Ich schneide das Thema nur an, weil heute MEINER ist. Da wollen wir jetzt aber gar keine grosse Sache daraus machen. Es reicht, wenn ihr über meine IBAN-Nummer an mich denkt oder ein kleines Plätzchen in eurem Testament für den Jubilar einräumt. Und wenn ihr unbedingt Schokolade schicken wollt, dann bitte nur solche, die rundum dick macht. Und frankiert das Päckli richtig!

Um es einmal klar zu sagen: Von der glücksbringenden 99-prozentigen Kakao- Bohnen-Seligkeit halte ich gar nichts. ABER SO VIEL WIE NULL UND WENIGER! Bitterschokolade wurde für mich zur bitteren Erfahrung. Zartbitter schmeckt immer arg bitter. Da kann einer auch gleich an der afrikanischen Teufelskralle lutschen. ICH MAG MILCHSCHOKOLADE. Schliesslich bin ich aus dem Land der Milchkuh. Aber was hier doch einmal gesagt werden muss: Ich bin stolz darauf, dass die alten Schweizer wie Herr Peter und sein Freund Kohler unsere Schokoladenseite entdeckt haben. Die Suisse Chocolatiers überschütteten nämlich das Bittere aus Spanien und Frankreich mit unserer Bergmilch. ABER HALLO - DER KUH-SCHUSS MACHTS AUS! Dazu noch das Süsse unserer Heidi-Alpen-Welt. Das ist das Matterhorn am Gaumen!

Zurück zu den Geburtstagen.

Vor einer Woche feierte Innocent Geburtstag. Schon Monate davor sagte er zu allen: «Ich erwarte nichts. Vergesst den Tag einfach. In meinem Alter braucht man keine Geschenke mehr. Und wenn, dann nur bar auf die Hand. Habt ihr eine Vorstellung davon, was heute ein Begräbnis zweiter Klasse kostet?»

Nun war es ja kein gewöhn licher Geburtstag, sondern ein halbrunder. Mit dem Alter ist es so: Die Chancen, viele Runde feiern zu können, fallen abrupt weg. Also lassen wirs jetzt schon bei den Halbrunden krachen. Besser der Halbrunde an der Flasche als den Runden am Tropf.

Wochenlang bin ich also nachts wach gelegen, habe mich auf dem Wasserbett herumgewälzt, dass die Wellen wogen. Und dabei immer fieberhaft überlegt: Was würde ihm eine Freude machen? WAS JAGT IHN AUS DEN SOCKEN?! Elektrischer Eierkocher, eine Baumsäge auf Sonnenenergie-Basis oder ein Zahnputzglas mit Daisy Duck? Da fiel mir wie ein Blitz vom Himmel die Sache mit dem Elefantenritt ein. Immer wieder hat Innocent mir davon erzählt: «Als kleiner Bub durfte ich mit meiner lieben Mama in den Zolli.» Wer seine «liebe Mama» gekannt hat, weiss, dass die Geschichte hier schon zu stinken anfängt. Denn der Tierschutz hätte diesen kleinen Giftzwerg zum Schutz der Arten schon am Eingang sofort narkotisiert. «Wir bewunderten zuerst die Affen. Doch als sich dort zwei Gorillas zu zärtlich berührten und dann immer hektischer wurden, schleppte mich Mami weg, weil sie sehr empfindsam und ein ganz klein wenig prüde war.»

Ganz klein wenig prüde?! Die fiel doch schon vom Hocker, als ich mir an ihrem Geburtstag sinnlich schmatzend die letzte Schwetziger Spargel reinschob.

«Wir kamen also zum Gehege der Elefanten. Und die standen in Reih und Glied - Kinder durften auf ihnen reiten. Es kostete 50 Centimes!» Innocent hat jetzt noch tropfende Augen, wenn er an dieser Stelle der Story angelangt ist. «Mami fragte mich: Willst du auf dem Elefanten reiten? Oder willst du ein Erdbeereis? Beides gibt es nicht!»

Das war der Unterschied unserer Jugend. Ich hatte stets den Elefanten und das Eis. INNOCENT ABER HAT EIN LEBEN LANG DEM ELEFANTEN RÜCKEN NACHGETRAUERT.

Das einzige Mal, als uns dann meine Freundin Cathy nach Afrika schleppte und für Innocent den Elefanten satteln liess, hatte mein armer Freund Durchfall. PECH HALT. Innocent bekam Schwarzkohle zu lutschen und jammerte später im Camp beim Zwieback: «Ich habe einfach kein Glück mit Elefanten!» Cathy zeigte mit bissigem Lächeln auf mich: «Du hast doch ihn.» Ihr Witz war so bitter wie 99-prozentige Cailler-Kochschokolade.

Ich habe also denen vom Reisebüro Feuer unter dem Allerwertesten gemacht: «Wir brauchen Afrika. Und einen Elefanten.» Doch die winkten gleich ab: «Nein - noch keine AHV-Flüge nach Johannesburg. Und: Elefantenreiten ist ohnehin gegen den Tierschutz!»

Na dann - ich habe ihm drei Tafeln «Milch mit Nuss» geschenkt. Die ist natürlich für mich gedacht. Denn süsse Schokolade mag er nicht. Er ist der Bitter-Typ. So kommt das Matterhorn also spätestens morgen auf MEINEN Gaumen.

PS: Hat vielleicht jemand unter euch ein Zahnputzglas mit Daisy Duck abzugeben?

Dienstag, 16. Juni 2020