Der andere Basler Daig

Die Dalbe hatte ihren Daig, das Hegenheimerquartier den Leisi

Rezept: Feuilletées mit Früchten

Erst war nur der Teig fertig, dann wurde er auch noch fertig ausgewallt - mit seinem Fertigteig eroberte Hans Leisi die Welt.

Die Frau im kleinen Lädeli an der Rudolfstrasse in Basel gab ihrem Herz einen Stoss. Sie lächelte dem jüngern Mann hinter dem Ladentisch zu: «Also - ich habe gehört, dass Sie eigentlich Bäcker und Konditor sind. Und da wollte ich Sie fragen, ob Sie mir zu diesen Äpfeln hier vielleicht einen Wähenteig machen könnten ...» Die Frau konnte nicht ahnen, dass sie mit ihrem Anliegen eine gastronomische Revolution anzettelte. Und Hans Leisi, der ihr den Wunsch erfüllte, hätte damals im Jahre 1938 nie gedacht, dass 67 Jahre später jährlich 43000 Tonnen Teig in seinem Namen geknetet werden sollten.

Die Frau jedenfalls war überglücklich, Herrn Leisis fertigen Teig nur noch auswallen und aufs Blech legen zu müssen. Und erzählte das im Quartier herum. Nun wollten alle Hausfrauen glücklich werden. Sie wollten nicht nur die Äpfel und Birnen vom Lädeli der Leisis - sie wollten auch den Teig dazu.

Und Hans Leisi kam aus dem Kneten nicht mehr raus. So hatten das Gellert und die Dalbe wohl ihren traditionellen Basler Daig - das Hegenheimerquartier aber produzierte einen ganz neuen Basler Daig, einen, der kulinarisch Weltgeschichte machte: den Leisi-Daig.

Grosses Geschäft. Nach Kriegsende fackelte Hans Leisi nicht lange. Er witterte in der Teigproduktion ein Geschäft, mietete an der Rufacherstrasse drei Garagen und startete dort sein Kleinstunternehmen. Da wurde nicht nur Blätter- und Kuchenteig fabriziert - Leisi rührte auch Mayonnaise an. Und Rechnungspapiere aus jener Zeit zeigen den stolzen Schriftkopf: LEISI - 1. Schweizerische Teig- und Mayonnaisefabrik.

Auch hier zeigte sich wieder Leisis sicheres Gespür fürs Business. Bald warf er die Mayo-Produktion über Bord und konzentrierte sich nur noch auf seinen Teig. Mittlerweile wollten nämlich sämtliche Lädeli in Basel Leisis Fertigteig, und ganz speziell wollten dies die Hausfrauen. Ja, 1963 war die Nachfrage so gross, dass Hans Leisi zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern von Basel wegzog. Und in Wangen bei Olten den Grundstein zu einem Stück Teiggeschichte legte, das bald in ganz Europa berühmt sein sollte.

Gutes Gespür. Werner Leisi, Filius des Unternehmers und später sein Nachfolger in der Fabrik, erinnert sich: «Mein Vater entschied sich für Wangen bei Olten. Auch damit hatte er eine gute Nase: Der Ort lag verkehrstechnisch ideal für den Vertrieb.» Bis heute werden die über 40000 Tonnen Teig, die Leisi jedes Jahr fabriziert, in Wangen geknetet. Von den letztjährigen 43000 Tonnen sind aber nur sieben Prozent in der Schweiz geblieben, der Rest wurde exportiert. Die grössten Abnehmer sind Italien und Frankreich. Die Pariser Femme de ménage kauft den Wangner Teig genauso gern wie die Casalinga in Rom - allerdings unter den Markennamen Herta oder Buitoni.

1970 beschloss Hans Leisi, das Aktienpaket der Fabrik an Knorr respektive Unilever zu verkaufen: «Es war ein Familienentscheid. Wir wussten, dass wir für ein Weltunternehmen zu klein waren. Also gingen wir zu Unilever. Und kamen damit zur Familie Thomy, die dort ihr Aktienpaket hatte. Später hat Thomy an Nestlé verkauft - so wurde unser Teig in Nestlé eingeknetet.»
Es waren aber immer Hausfrauen, welche die Erfolgsgeschichte des Leisi-Teigs weitergerollt haben. Eines Tages meinte Mutter Leisi, es wäre doch praktisch, einen Teig zu haben, den man nicht noch lange auswallen müsste ...

Werner Leisi erinnert sich: «Wir haben uns bei den Freundinnen meiner Mutter umgehört. Auch bei den Frauen im Haushalt Thomy. Alle zeigten sich begeistert von der Idee, einen Teig zu entwickeln, der ganz quick aufs Kuchenblech gerollt werden könnte. Damals führte man noch keine aufwändigen Marktumfragen durch. Man verliess sich auf die Frauen in der Familie und deren Meinungen. Und man ist damit oft besser gefahren, als mit den kostspieligen Marktsondierungen von heute ...»

Gute Ideen. Allerdings - es war ein mühsamer Weg bis der Fixfertigteig entwickelt war: «Das Problem war, dass der gerollte Teig zusammenklebte. Da kam eine unserer Frauen auf die Idee, man solle doch eine Backtrennfolie entwickeln, die erstens das Zusammenkleben verhindere und zweitens den Vorteil habe, den Teig direkt auf der Folie sauber im Blech backen zu können.» 1983 wars so weit: «Der erste Quick-Teig kam gerollt in den Verkauf. Und wurde auch bald einmal von der Konkurrenz kopiert ...» Stimmt. Aber nie erreicht.

Noch heute ist Werner Leisi bei allen neuen Produkten, die seinen Namen tragen, bei der Produktion dabei. Seine Fixfertigbackmasse, die vor ein paar Jahren auf den Markt kam, wurde zum grossen Renner im In- und Ausland. «Und im Januar starten wir mit Chocolate Chips: Sie kommen viereckig in den Verkauf - und werden beim Backen dann rund. Sie schmecken so knusprig und frisch, als hätte Grossmutter Leisi die Sache eben aus dem Backofen gezogen. Es gibt halt auch heute nichts Besseres als etwas, das frisch aus dem Ofen kommt. Darauf basiert wohl unser Erfolg.»

Feuilletées mit Früchten

Süsse Kissen. Gregor Bachmann, Meisterkonditor in unserer Stadt und berühmt für seine süssen wie gesalzenen Köstlichkeiten, hat für baz-Leserinnen und -Leser mit Leisi-Teig ein Rezept entwickelt, das in letzter Minute vor dem Heiligen Abend oder zur Silvester-Party ein Hit wird. Und das vor allem wunderbar einfach zu handhaben ist.

Zutaten: 1 ausgewallter, rechteckiger Leisi-Blätterteig, Zucker, Vanillesauce, Fruchtsalat.

Zubereitung: Den Teig in 14 x 14 cm grosse Quadrate, dann diagonal in Dreiecke schneiden. Die Dreiecke auf ein Backtrennpapier legen und mit Zucker bestreuen. Dann den Teig etwa eine halbe Stunde ruhen lassen. Daraufhin im vorgeheizten Ofen bei 210 Grad etwa zwei Minuten ausbacken und anschliessend zwei Minuten auf der obersten Rille caramelisieren lassen.
Das Zucker-Feuilletée wird auf einen Teller gelegt, den man mit Vanillesauce und Fruchtsalat ausgelegt hat.
En Guete!
 

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Freitag, 23. Dezember 2005